Ein Gedenkort für die Verstorbenen der Schweizer Armee

Das Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS hat für die Errichtung eines Gedenkortes für die Verstorbenen der Schweizer Armee einen Ideenwettbewerb veranstaltet. Die zehn daraus prämierten Beiträge wurden nach dem Wettbewerb mittels eines Studienauftrags weiterbearbeitet. 

Jahr:
2020 – 2022

Ort:
Armee-Ausbildungszentrum Luzern (AAL)

Auftraggeberin:
armasuisse Immobilien

Beschaffung:
Ideenwettbewerb mit anschliessendem Studienauftrag (Rangierung unter den Besten 5)

Zusammenarbeit:
atelier steigerspielmann, Sarnen

Dialog:
Sämy Steiger, Corinne Spielmann, Urs Schmitt

Beschrieb

Inspiration «Achte beim Auswerfen darauf, die Rute nicht zu steil gegen den Himmel auszurichten, sonst verfängt sich die Angelschnur mit dem Haken schon wieder an der Fischerrute», sagte Willy bestimmt und mit einem Anflug von Ungeduld. Sein Tonfall verriet mir, dass es ihm wohl recht wäre, wenn ich das Auswerfen endlich beherrschen würde. Ich bemühte mich deshalb umso mehr, denn ich wollte Willy nicht enttäuschen.

Willy war der erfahrenste Fischer der Region. Egal wie kalt, wie nass oder erfolglos der Tag war, Willy wollte seine Zeit nie etwas anderem widmen. Geduldig konnte er stundenlang auf seinem geliebten Fischerboot den ganzen See abfischen. Seit ich denken kann, gibt es Willy und sein Fischerboot. Und sein Pfeifen. Wenn die Stille auf dem See zu lange anhielt, pfiff Willy immer dieselbe Melodie. Nicht, indem er die Luft aus seinem Mund geblasen hat, sondern umgekehrt – er hat die Luft in den Mund geatmet. Wenn diese Art der Stille mich heute umgibt, findet mich Willys Melodie manchmal wieder und klingt in meinen Ohren. Als ob er da wäre.

Mit einem leisen Platschen fiel der Köder in einiger Entfernung ins Wasser. «Das war nicht schlecht», meinte Willy – diesmal milder gestimmt – mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen.

Danke, Willy

Idee Unsere Idee des Gedenkorts besteht aus dem Sichtbarmachen von bereits Erlebtem sowie Erlebnissen, die einem für immer verwehrt bleiben. Hierfür wird ein Körper erschaffen, welcher gemeinsame Erlebnisse mit den Verstorbenen und Erlebnisse, welche nicht mehr stattfinden können, in sich verbirgt. Ein Schnitt durch den Körper macht das gemeinsam Erlebte und nicht Erlebte sichtbar und fühlbar.

Gesammelte Steine von unterschiedlicher Art und Grösse stehen sinnbildlich für gemeinsame Erlebnisse. Eingeschlossene Lufträume sowie die Leerräume an den Schnittkanten stehen für verwehrte Erlebnisse. Zusammen bilden diese Elemente die Hauptbestandteile des Körpers. Der aufrechte Körper verbirgt alle diese Erlebnisse und erschafft ein vereintes Kollektiv von Erinnerungen. Mit zwei durchgehenden Schnitten wird der Körper geteilt, wobei das zweite abgeschnittene Teilstück in Längsrichtung auf die Erde abgeklappt wird. Durch die beiden geplanten Schnitte kann die präzise Neigung sowie das exakte Spiegelbild der beiden Flächen garantiert werden.

Das Spiegelbild der Steine und Leerräume wird in den beiden Schnittflächen lesbar. Der Unterschied der beiden Flächen liegt lediglich in ihrer Ausrichtung und der damit verbundenen Sichtweise auf die Flächen. Die Länge der horizontalen Fläche und die Höhe der vertikalen Fläche treten in einen Dialog. Betrete ich die horizontale Fläche, kann ich an diesem Dialog teilhaben. Die Breite des liegenden (und somit auch des aufrechten) Körpers ist so gewählt, dass die alleinige, uneingeschränkte und frontale Sicht auf die vertikale Schnittfläche zeitgleich von nur einer Person möglich ist. Die Leerräume sollen durch den Einfluss der Natur stetigen Veränderungen ausgesetzt werden.

Die weiteren Teilstücke (gebildet aus dem zweiten Anschnitt des Körpers) werden in der Schweiz verteilt, um das kollektive Gedenken dezentral zu thematisieren. Dabei fehlt den verteilten Teilstücken ihr Gegenstück, mit dem sie im Dialog stehen können. Dieses Erleben ist nur zentral beim Gedenkort auf dem AAL möglich.

Das Betrachten des Körpers oder auch das Erleben des Dialogs richtet sich an die subjektive Wahrnehmung der Person. Erinnerungen haben für uns alle eine andere Bedeutung, und doch sind sie Elemente, die verbinden und zusammenführen. Der respektvolle Umgang mit den Verstorben, die im Einsatz der Sicherheit der Schweiz ihr Leben gelassen haben, ist bedeutend. Die Dimensionen des Körpers ermöglichen sowohl Nähe als auch Distanz. Dieses Spannungsfeld entspricht auch dem Spannungsfeld von Einheit und Vielfalt, von Gemeinschaft und Individuum sowie Geborgenheit und Offenheit.

Giessen in Etappen mit einer Wanderschalung
Schnittfenster – In jeder Etappe können die Flusskieselsteine eingebettet werden.
Die Dimensionen vom stehenden Körper und den beiden Teilstücken.