Die im Verein «mobiglias» organisierten Bündner Handwerksbetriebe schreiben einen öffentlichen Design-Wettbewerb aus. Gesucht werden Entwürfe für alltagstaugliche Möbel und Einrichtungsgegenstände, welche aus vorwiegend einheimischen Werkstoffen hergestellt werden sollen, vor allem Massivholz, aber auch Eisen/Stahl, Keramik, Leder oder Textilien. Die Entwürfe müssen einen Bezug zum Kanton Graubünden haben und dessen Kultur, seine Landschaft oder seine Bevölkerung widerspiegeln.

Jahr:
2019

Beschaffung:
Wettbewerb

Dialog:
Sämy Steiger, Robert Eberli, Fred Jaggi, Karl Ziegler

Fotografien:
Ernst Kehrli

Beschrieb

Inspiration Graubünden mit seinen bewaldeten Bergen und Tälern zeichnet sich mitunter durch die schweizweit höchste Dichte an Holz aus, welches auf über 1000 Meter über Meer gewachsen ist. Aufgrund kürzerer Vegetationsperioden und zäheren Bedingungen weist Gebirgsholz andere Eigenschaften auf als Holz, welches in tieferen Lagen wächst. Das feinjährige Holz ist biegsamer, witterungsbeständiger und weniger anfällig gegen Schädlinge. Zudem weist es eine höhere Druckfestigkeit gegenüber den Hölzern im Tal auf. Aufgrund der Höhenlage und den klimatischen Bedingungen im Kanton Graubünden ist die europäische Lärche vermehrt anzutreffen.
Der traditionelle Faschinenmacher, welcher Äste aufgrund ihres höheren Brennwertes sammelt, zu Bündeln verarbeitet und zum Heizen des Specksteinofens verwendet, inspiriert mit seiner Wertschätzung des Materials. Mit der Verwendung von Astholz führen wir diese Wertschätzung weiter fort. Aus Astmaterial, welches heutzutage meist zu Holzschnitzeln verarbeitet wird, sollen durch sorgfältiges Handwerk Produkte mit Charakter entstehen.
Um den physikalischen Einwirkungen wie etwa Bodenerosion oder Schneelast entgegenzuhalten, bilden Bäume Reaktionsholz (auch Buchsholz genannt). Nadelholzbäume bilden auf der Unterseite ihrer Äste immer Druckholz, welches sich in vielfältiger Weise vom normalen Holz unterscheidet. Unter anderem hat es eine höhere Rohdichte, eine höhere Längsschwindung, eine feinere Jahrringanordnung sowie eine rotbraune Färbung. Demnach befindet sich bei Nadelholzbäumen an der Unterseite der Äste das härteste und zäheste Holz des ganzen Baumes.
Weiter inspirierten uns die Funktion und Konstruktion der Kornhisten der Surselva, welche zum Trocknen des dort angepflanzten Kornes verwendet wurden.

Handwerk: «Faschinenmacher» sammeln Astholz.
Tradition: Trocknen und Dörren an Luft und Sonne.

Gestaltung Der Verlufter besteht aus den Teilen Sprossen, Sprossenhalter, Dreibein und Griff. Alle Teile werden aus Astholz von Lärchen, welche oberhalb von 1000 Meter über Meer gewachsen sind, hergestellt. Die Sprossen werden zudem nur aus dem Druckholz der Äste gefertigt. Nur so werden die filigranen Sprossen biegsam und bruchfest, sodass sie sich zwischen die Sprossenhalter einhängen lassen und die Gebrauchslast tragen. Ausserdem hebt sich das dunklere Druckholz der Sprossen farblich von den anderen Teilen ab. Die Grösse des Verlufters richtet sich nach der Gesamtsprossenlänge, die gebraucht wird, um die Kleider (Unterwäsche bis Jacke) einer Person aufhängen zu können. Hierfür wird eine Länge von etwa 4 Meter benötigt.
Durch den zentralen Griff und das leichte Eigengewicht lässt sich der Verlufter beispielsweise ganz leicht vom Wohnzimmer auf den sonnigen Balkon tragen. Das Dreibein garantiert auch auf unebenem Untergrund einen optimalen Stand. Die durch das Schwinden des Holzes zufällig gebogenen Sprossen lassen sich individuell im Sprossenhalter einspannen. Durch die Lochfräsungen im Sprossenhalter kann der Abstand sowie die Ausrichtung der Sprossen nach Belieben gewählt werden, was eine persönliche Gestaltung und eine optimale Anpassung an die auszulüftenden Teile ermöglicht.
Wie der Name sagt, soll der Verlufter in erster Linie dazu dienen, dass man Kleider, die nach Gebrauch nicht gleich gewaschen werden, aufhängen und sie verluften lassen kann. Der Sportler mit verschwitzter, der Jäger oder Wanderer mit durchnässter oder der Nachtschwärmer mit nach Rauch riechender Kleidung trocknet oder lüftet diese am Verlufter, um diese in Bälde erneut tragen zu können.

Die ganze Konstruktion ist metallfrei und mit gekeilten Holzverbindungen hergestellt. In Anlehnung an die Kornhisten ist die Konstruktion reduziert auf die notwendigsten Teile. Die besonderen Eigenschaften von Astholz erlauben kleine Querschnitte. Das Eigengewicht des Verlufters beträgt lediglich 1.8 Kilogramm.